Freitag, 26. November 2021

Der Riesencollembole (Tetrodontophora bielanensis)

Ist eine wirklich besondere Art, zumindest für einen Biologen wie mich. Allein die Größe der Art fasziniert, sie wird etwa 7 bis 9 mm groß. Was erstmal recht klein klingt, wenn man dann aber beachtet, dass die meisten anderen Arten der Gruppe 1-2mm groß werden, realisiert man, dass es sich hier um wahre Giganten handelt. Die Art ist überhaupt der größte Collembole Europas.

Collembolen oder auch Springschwänze genannt, sind eine Gruppe von Tieren die früher zu den Insekten gestellt wurden, heute in einer Übergruppe (Hexapoda) den Insekten gegenübergestellt werden. Aber die genaue Verwandtschaft wird aktuell noch stark diskutiert. In jedem Fall weißen die Tiere eher ursprüngliche Merkmale auf, die zeigen, dass es sich um eine Gruppe handelt die schon sehr lange lebt. Sie traten zusammen mit den ersten sechsbeinigen-Tiergruppen bereits im Devon auf und existieren bis heute in einer hohen Artenzahl, die auf wenigstens 50.000 Arten geschätzt wird. Viele Arten sind sehr schwer zu bestimmen weshalb die Frage der tatsächlichen Artenzahl wohl nie abschließend beantwortet werden kann. 

Der gezeigte Riesencollembole ist dagegen recht einfach anzusprechen, da er allein durch die Größe kaum verkannt werden kann. Er lebt eher in den höheren Lagen, teils bis auf 2000m üNN (in der Hohen Tatra). Man findet die Tiere vor allem in Wäldern unter Falllaub, loser Rinde, im Moos oder auch an Pilzen. Als Nahrung dienen bereits stark zersetzte Pflanzenteile und insbesondere Pilzhyphen. 

In Deutschland findet man die Art nur im äußersten Osten, hier im Zittauer Gebirge und angrenzenden Tälern sowie auf dem Großen Winterberg in der Sächsischen Schweiz. Diese Vorkommen stellen die westlichsten Populationen dar. Der Schwerpunkt in der Verbreitung liegt in den Sudeten und den Karpaten.  

Die fotografierten Tiere konnte ich alle auf einem liegenden Fichtenstamm, der mit Pilzenfruchtkörpern überseht war, fotografieren. Es waren sicher 20 oder mehr Springschwänze auf dem Baumstamm unterwegs. 












Donnerstag, 27. Mai 2021

Die Grüne Flussjungfer - Ophiogomphus cecilia (updated)




Die Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus cecilia) gehört zu den Arten, die fast ausschließlich Fließgewässer besiedeln. Seltene Einzelfunde von Larven oder Exuvien (Häute des letzten Larvenstadiums) an Stillgewässern stammen in der Regel von Exemplaren, die aus Fließgewässern hierhin verdriftet wurden. 
Sie besiedelt sowohl kleinere Bäche als auch mittlere bis große Flüsse. Daher ist sie sowohl in sommerkühlen Fließgewässer-Oberläufen, die meist durch gröbere Bodenmaterialien, ein größeres Gefälle und höhere Fließgeschwindigkeiten gekennzeichnet sind, als auch an den Mittel- und Unterläufen zu finden. 


Die Grüne Flussjungfer gilt als ostpaläarktisches Faunenelement und hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in Osteuropa. Sie wird bis in die Mongolei und den Baikalsee gefunden. Richtung Westen hat die Art in Mitteleuropa ihre letzten größeren Vorkommen. In West-, Südwest- und Südeuropa finden sich nur noch ein paar kleinere verinselte (disjunkte) Vorkommen. In Deutschland besitzt die Art einen Schwerpunkt u.a. entlang der Elbe, in der Lausitz, in Franken und am mittleren Oberrhein. In den letzten Jahren tauchen viele neue Vorkommen auf, die z.T. durch die verstärkte Nachsuche bedingt sind, aber auch auf die verbesserte Wasserqualität zurückzuführen sind.   
 
Gemeldete Verbreitung der Grünen Flussjungfer in der EU25

Bevorzugt werden von der Großlibellenart locker mit Gehölzen bestandene und zumindest in Teilen gut besonnte Fließgewässerabschnitte, dabei ist meist nicht mehr als 50-60% beschattet. Die Gewässersohle sollte zumindest sandig-kiesige Anteile besitzen und höchstens kleinräumig von Unterwasserpflanzen bewachsen sein. In den Gewässerboden graben sich die Larven bis zu einem cm tief ein, um dort als Ansitzjäger auf Beute zu warten. 
In größeren Flüssen und Strömen wie Oder, Elbe, Weser und Rhein besiedeln die Larven  auch Felder zwischen den keilförmig und rechtwinklig zur Strömung in den Fluss gebauten Dammbauwerken, den sogenannten Buhnen. Da hier die Strömungsgeschwindigkeit durch die Buhnen herabgesetzt ist und es zudem zu Verwirbelungen kommt, werden zwischen den Buhnen kleinräumig unterschiedliche, zumeist jedoch feinkörnige Bodenmaterialien abgelagert.
Anders als die Larven sind die Imagines sehr mobil und halten sich bis zu einigen Kilometern von ihren Fortpflanzungsgewässern entfernt auf, hier nutzen sie vor allem Waldränder, Lichtungen, Brachen oder Grünland auf der Jagd nach Insekten. Besonders die Weibchen sind wesentlich seltener zu sehen und halten sich nur kurz zur Paarung und Eiablage am Gewässer auf. Die Männchen halten sich länger am Gewässer auf, wo sie meist an besonnten Gewässerabschnitten auf Sitzwarten (Steine, Pflanzen, etc.) nach paarungsbereiten Weibchen Ausschau halten. An größeren Flüssen fliegen sie ausdauernd über das Wasser. Sie verteidigen keine Reviere, wie man es von anderen Libellen kennt, sehr wohl können sie jedoch über Tage den gleichen Flussabschnitt besetzen. Die Tiere sind sehr wärmeliebend und nur an warmen Tagen voll aktiv.



Über die Eiablage ist nur wenig bekannt und es sind sehr unterschiedliche Verhaltensweise beschrieben. Teilweise werden die Eier in der Flussmitte abgeworfen, teilweise in sehr ruhigen flachen Flussteilen ins Wasser befördert. Die Entwicklungsdauer vom Ei bis zur fertig entwickelten Libelle beträgt je nach Temperatur und Nahrungsangebot zwei bis vier Jahre. Die Flugzeit der Art liegt zwischen Mai und Mitte Oktober und kann regional sehr unterschiedlich sein. In größeren Flüssen, die bereits im Frühjahr höhere Wassertemperaturen aufweisen, schlüpfen die Imagines schon deutlich zeitiger als in kleineren, sommerkühleren Fließgewässern. Der Schlupfzeitraum ist relativ lang und kann sich bis in den August erstrecken. Die meisten Tiere schlüpfen in den Morgen- und Vormittagsstunden. 


Die Art ist in Mitteleuropa sehr selten und kommt sehr verstreut vor, dies war wohl auch schon so, bevor der Mensch Einfluss auf die Lebensräume der Art nahm. Durch naturfernen Gewässerausbau kam es zur Zerstörung oder starken Verkleinerung vieler Vorkommen. In den letzten Jahren haben sich in vielen Gegenden die Bestände erholt und so wurde die Art bspw. in Baden-Württemberg und Hessen in den 90er Jahren wiedergefunden, nachdem sie als ausgestorben galt. Die Grüne Flussjungfer ist eine europaweit geschützte Art der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und wird in den Anhängen II als auch IV geführt. Besonders der Erhalt und die Renaturierung von Gewässern aber auch deren Umfeld sichert den Erhalt dieser Art.






Eine Art die mit der Grünen Flussjungfer häufig zusammen vorkommt aber in einigen Gegenden deutlich häufiger ist, ist die Kleine Zangenlibelle (Onychogomphus forcipatus). Auch diese Art konnte ich dieses Jahr erstmalig ansprechend fotografisch festhalten. Die beiden Arten sind sich nicht unähnlich und gehören auch zur gleichen Familie (Gomphidae - Flussjungfern). Nachfolgend noch zwei Bilder dieser Art.

Onychogomphus forcipatus 
Onychogomphus forcipatus 

Freitag, 16. April 2021

ein ganz flacher Käfer...

...ist nicht nur vom Namen her Hololepta plana - der Abgeplattete Stutzkäfer, sondern er ist auch flach wie eine Briefmarke. Der gute acht Millimeter große Käfer lebt nämlich unter der Rinde verschiedener Baumarten, vor allem Pappeln und Weiden. Er und wahrscheinlich auch die Larven leben dort räuberisch und stellen anderen Insekten nach. Die Art ist in ganz Mitteleuropa zu finden im Süden ist sie häufiger als im Norden. 
Die erwachsenen Käfer sind ganzjährig zu finden. Sie halten sich tagsüber wie ihre Larven unter der Rinde kränkelnder oder toter Bäume auf. Nachts suchen die Käfer auch auf der Rindenoberfläche nach Beute. In warmen Nächten fliegen die Tiere und werden auch von Licht angezogen. 

Die fotografierten Tiere fand ich an einer großen umgestürzten Pappel in Karlsruhe.

Stack aus fünf Aufnahmen | Abbildungsmaßstab 3:1



Einzelaufnahme bei einem Abbildungsmaßstab 3:1  
10x Hololepta plana



Stack aus neun Aufnahmen | Abbildungsmaßstab 3:1

Freitag, 25. Dezember 2020

Der Körnerbock - Käfer der Nacht -

Viele Käfer sind nachtaktiv, daher sind sie auch teils schwer zu erfassen. Am Tag sind die Tiere dann einfach nicht auffindbar oder ihre Verstecke nur schwer zugänglich. Spannend ist es dann, wenn man nach einer nachtaktiven und zugleich sehr seltenen Art sucht und sie dann nach Jahren zum ersten mal gleich an verschiedenen Orten zu Gesicht bekommt. So ging es mir dieses Jahr mit dem Körnerbock. 
Der Körnerbock (Aegosoma scabricorne) ist eine unserer seltensten Bockkäferarten und zu gleich eine der größten. Mit guten fünf Zentimetern nach heimischen Maßstäben ein echter Riese. Eine sehr urtümlich anmutende Art die nur in den wärmsten Sommerabenden zu später Stunde unterwegs ist. Ein zufälliger Hinweis meiner Kollegin Evelyn die eine Nachricht einer Freundin erhielt, die meinte "was ist denn hier für ein Käfer an meine Hauswand geflogen" wies mich auf meinen ersten lebenden Körnerbock hin, den ich mir dann prompt anschauen musste. Einige Wochen davor suchte mein Kollege Florian und ich zusammen mit unserem Käferkumpel Claus vergeblich in der Nähe nach Tieren, fanden aber nur ein paar Flügeldecken und etliche Ausbohrlöcher. Durch den nun aktuellen Fund angetrieben machten wir uns auf, um nach der Art an einer ganz anderen Stelle zu suchen und wurden nun fündig und zwar in zweistelliger Anzahl. An zwei Abenden fanden wir ein gutes duzend Tiere. Ein Individuum flog uns sogar aufgrund unseres Taschenlampenlichts an. Wahnsinns Erlebnis!

Ein Körnerbock an einem Brutbaum
Ein Männchen in einem Ausbohrloch, vermutlich nutzte das Tier dies aber als Tageseinstand.
Portrait eines Männchens

Der Körnerbock ist mit dem deutlich weiterverbreiteten Sägebock und mit dem seltenen Mulmbock näher verwand. Alle drei Arten zählen zu den großen Arten und sind eindrucksvolle Tiere. Die Körpergröße des Körnerbocks liegt zwischen 28-50mm. Für Bockkäfer eher untypisch besitzen die Weibchen eine Legeröhre, die deutlich über die Flügeldeckenenden ragt. Die Männchen sind besonders an den Fühlern und dem Kopf mit feinen Körnchen besetzt, daher auch der Name. 

Weibchen im letzten Licht am Brutbaum
Weibchen am Brutbaum

Bei uns findet man die Art bis auf ganz wenige Ausnahmen nur in der Oberrheinebene und angrenzenden Gebieten zwischen Basel und Frankfurt. In Südeuropa ist die Art allgegenwärtig und keine Seltenheit. Da die in Deutschland bisherige Verbreitung deutlich klimatisch erklärbar zu sein scheint, könnte sie im Zuge der Klimaveränderung profitieren. Gleichwohl ist die Art auf absterbende Bäume oder alte Bäume mit absterbenden Partien angewiesen. Ein solches Vorhandensein in den Wäldern setzt eine ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft voraus. Bezüglich der Baumart sind die Tiere nicht wählerisch,  fast alle heimischen Laubbäume im richtigen Stadium können geeignete Wirtsbäume sein. Die Larven entwicklen sich innerhalb von drei Jahren zum Käfer. 
Die Art ist nach Bundesartenschutzverordnung streng und besonders geschützt.

Männchen mit Schlupfloch
Körnerbock im Taschenlampenlicht
Glücklicher Fund eines Tieres kurz vor Sonnenuntergang

Samstag, 3. Oktober 2020

Bildtafeln - Neue Galerie auf der Homepage

Da sich für mich die Fotosaison langsam dem Ende zuneigt und ich in diesem Jahr nicht nur Freilandfotos gemacht habe, möchte ich mit den Studioaufnahmen beginnen. 
Auf meiner Homepage ist hierdurch eine komplett neue Galerie entstanden, in der sich aktuell 30 Bilder befinden. Das werden sicher in den kommenden Monaten deutlich mehr werden. Hier findet ihr Foto-Stacks von präparierten Tieren aus wissenschaftlichen Sammlungen. Insbesondere die faszinierenden Details, sonderbaren Strukturen und wunderbaren Farben der Tiere kommen mit dieser Technik zum Vorschein und begeistern bei jedem Anschauen erneut. Die Galerie startet mit einer Auswahl von Käfern, einem Nachtfalter und einer Fliege. Der Fokus liegt auf heimischer Fauna, jedoch finden sich hier auch einige Exoten. 
Da ich immer wieder Foto-Stacks von präparierten Tieren benötige, bot sich die neue Kategorie auf der Homepage an. So ist beispielsweise das erste Tier in der Galerie ein Rindenkäfer (Aulonium ruficorne) den mein Kollege und Käferkumpel Florian und ich neu für Deutschland nachgewiesen haben. Für die dazugehörige Publikation machte ich sowieso ein Foto-Stack. 



 

Mittwoch, 4. März 2020

Springfrosch die Zweite

Springfrösche (Rana dalmatina) sind hier in Karlsruhe neben dem Feuersalamander und den Molchen die ersten Amphibien die man bereits im sehr zeitigen Frühjahr antrifft. Und da das immer nach dem tristen Winter eine große Freude ist, die Tiere zu suchen, zu beobachten und zu knipsen, möchte ich gern erneut einen kleinen Blogpost zu dieser Art schreiben.
Das letzte mal waren die gezeigten Fotos plakativer und tierzentrischer, diesmal hab ich versucht ein paar Bilder zu machen, die ich so in meinem Archiv noch nicht hatte.
90mm | f/4 | 1/400s | ISO800

Mehr Lebensraum, mehr Interaktion mit der Umwelt oder anderen Individuen, also eher weiter weg, als näher ran. In diesem Jahr konnten wir sehr viele Springfrösche im Wasser beobachten. Sogar rufende Männchen und Paarungen. Ein tolles Erlebnis, da sonst das Schauspiel eher des nächtens stattfindet.
Amplexus
23mm | f/16 | 1/500s | ISO800
23mm | f/16 | 1/80s | ISO640
Unterwasseraufnahme eines typischen Laichballens eines Springfrosches
28mm | f/1.8 | 1/100s | ISO25
90mm | f/4 | 1/1250s | ISO800
Laichgewässer mit mind. drei Springfröschen und vielen Laichballen im Bild
15mm | f/16 | 1/250s | ISO800

Letztes Jahr war vielerorts sehr schlecht für Amphibien, das trockene 2018 führte dazu, dass oberirdische Gewässer trotz Regen meist schnell wieder austrockneten, da aufgrund der sehr niedrigen Grundwasserstände viel Wasser einfach versickerte. Umso besser, dass es zumindest gerade so aussieht, als ob das zeitige Frühjahr aus amphibischer Sicht sehr gut zu sein scheint. Die Gräben sind reichlich mit Wasser gefüllt und viele Amphibien bereits in den Gewässern. So fanden wir Ende Februar neben Springfröschen auch Berg-, Teich und Kammmolche in einem Grabensystem in Karlsruhe. Im beginnenden März kamen auch vereinzelte Grasfrösche hinzu, die hier seltener sind als die Springfrösche. 
23mm | f/16 | 1/160s | ISO640 
90mm | f/3.5 | 1/1250s | ISO800
90mm | f/5.6 | 1/320s | ISO800
15mm | f/4 | 1/640s | ISO800

Mit etwas Geduld und ruhigem Verhalten gewöhnen sich die Tiere auch schnell an den Fotografen und sind dann doch sehr entspannt, wenn man ihnen mit der Kamera auf die Pelle rückt. Dann lässt man sich natürlich auch nicht die Chance entgehen, doch ein nahes Kopfportrait zu schießen. 
vier  Laichballen
90mm | f/3 | 1/100s | ISO800
frisch abgesetzter Laichballen, vermutlich wenige Minuten alt
90mm | f/8 | 1/100s | ISO800
zwei Männchen unter Wasser wartend, mit einigen Laichballen im Vordergund
90mm | f/8 | 1/60s | ISO800
150mm | f/5 | 1/160s | ISO800
90mm | f/8 | 1/80s | ISO800
15mm | f/16 | 1/320s | ISO800

Komplett frisch abgesetzte Laichballen, Paarungen und rufende Männchen, das war schon ein echtes Erlebnis. In wenigen Tagen werden nur noch die Laichballen in den Gewässern auf die Art hinweisen und die Frösche einzeln in den angrenzenden Waldgebieten unterwegs sein.